Historischer Hintergrund
Die Künstler der sogenannten verschollenen Generation,
zu denen auch der Radierer Georg Jahn gehört, sind besonders die in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts geborenen Künstler.
Deren künstlerisches Werk um die Jahrhundertwende begann und deren schöpferische Schaffensphase
sich über die beiden Weltkriege erstreckte. Georg Jahn war einer der wenigen in Dresden,
der alle Radiertechniken meisterhaft beherrschte und zielgerichtet in allen Bildgattungen anwendete.
Er stand im Spannungsfeld zwischen Avantgarde und Klassik der Jahrhundertwende,
war jedoch nicht Teil einer dieser Stilentwicklungen. Er ist heute noch "modern",
weil er die Schönheit des lyrischen Realismus wieder entdeckte.
Über Georg Jahn ist außer den bis jetzt bekannten 330 Radierungen kaum Material weder in Schriftform noch als Nachlass vorhanden. Sein Sohn,
Gerhardt Jahn starb 1950. Von ihm, meinem Vater, hatte ich einige Rezensionen und Radierungen bekommen.
Seine Tochter, Hildegard Schaar, starb 1982 und es fand sich damals in Dresden, in der ehemaligen DDR niemand,
der den noch reichlich vorhandenen wertvollen künstlerischen Nachlass treuhänderisch verwaltete.
Im Jahre 1999 veröffentlichte ich eine Monografie Georg Jahns mit dem Titel "Der Dresdner Radierer Georg Jahn 1869-1940".
Das Echo auf diese Monographie bewog mich, weiter nach mir unbekannten Radierungen zu suchen, dabei halfen mir die
modernen Medien entscheidend. Aufmerksam wurde ich dadurch auf die Kabinettausstellung "Georg Jahn - ein vergessener Künstler"
( 01.02. bis 28.05.2006), im Museum Burg Mylau/Vogtland und auf die Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau, die eine
großherzige Schenkung des Dresdner Medizinprofessors und Kunstsammlers, Dr. Paul Geipel (1869-1956) beinhaltet.
In der Graphik Neue Meister sammelte Dr. Geipel fast ausschließlich Georg Jahn (97 Radierungen).
Durch diesen Fundus und
andere Recherchen konnte ich fasst alle kunsthistorisch wertvollen Radierungen Georg Jahns auch bildlich finden und in das Werkverzeichnis einfügen.
Jetzt ist eine gute Beurteilungsmöglichkeit des Jahnschen Œuvre gegeben. Mein Anliegen ist es , mit der in diesem Jahr
fertiggestellten, wissenschaftlich aufbereiteten Publikation "Georg Jahn, Rezeption und Wirkung auf die Renaissance der
künstlerischen Graphik in Dresden um 1900", eine kunsthistorische Eingliederung Georg Jahns zur Diskussion zu stellen.
Künstlerische Eckdaten
1883-88, beginnt er 14-jährig, als Porzellanmaler an der königlichen Porzellanmanufaktur in Meißen. (Abb.: li. in der Burg bis 1867) Die Manufaktur schickt ihn als Stipendiat an die Kunstakademie nach Dresden. 1888-90 Studium an der Kunstakademie in Dresden bei Leon Pohle. Zur gleichen Zeit wurde er Mitglied des Kompositionsvereins "Mappe" (Abb.re.). Ab 1890 Studium an der Großherzoglichen Sächsischen Kunstschule in Weimar bei Max Thedy. Dort erste Würdigung im Fach "Figurenmalerei" mit einer Medaille aus der Karl-Alexander-Stiftung (Abb.re.). Nach seiner militärischen Dienstzeit Aufenthalt als Illustrator und Porträtist in Berlin (1894-95), Leipzig und München (1895-96). 1897 Rückkehr nach Dresden, hier schließt er sich dem neuen Künstlerbund, dem Verein Bildender Künstler Dresden (Sezession) an. Sein bester Freund und Maler Max Pietschmann weist ihm den Weg zur Radierung, der er sein Leben lang treu blieb. Seit 1897 stellt Georg Jahn regelmäßig auf den Ausstellungen der Dresdner Sezession (Dresd. Kunstgenossenschaft) aus. 1899 bekommt er auf der Deutschen Kunstausstellung in Dresden "Die Kleine Goldene Plakette" zuerkannt. (Abb.re.). Der Verein Bildender Künstler Sezession Dresden gab Künstlermappen heraus, in diesen erscheinen 1897-1914 ziemlich regelmäßig seine graphischen Blätter. 1904 wurde er Mitglied im Sächsischen Kunstverein Dresden, 1918-21 wird er in den Vorstand berufen. 1914 wird ihm die Sächsische Staatsmedallie verliehen. 1929, anlässlich seines 60. Geburtstag, große Ausstellung im Kunstverein. Zum 70. Geburtstag, Sonderausstellung im Sächsischen Kunstverein. März 41, Gedächtnisausstellung im Staatlichen Kupferstichkabinett Dresden und im Sächsischen Kunstverein Nov. 41. 2006, eine Kabinettaustellung "Georg Jahn - ein Vergessener Künstler", im Museum Burg Mylau/Vogtland. Seine grafischen Werke sind im Staatlichen Kupferstichkabinett und der Städtischen Galerie Dresden reichlich vorhanden, weitere in den Graphischen Sammlungen von Berlin, Danzig, Hinterglauchau, Frankfurt am Main, Görlitz, Hamburg, Hannover, Köln, München, Mylau, Stuttgart, Weimar und Wien.
Weblinks
Leseprobe
"Historischer Hintergrund der Radiertechnik"
Es wird heftig diskutiert, wer die Radierkunst erfunden hat. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Von wem jedoch das früheste, mit einer Jahreszahl versehene radierte Blatt stammt, ist gesichert. (Abb. li.) Urs Graf (1485-1527), einem Goldschmied aus Basel, wird es zugeschrieben. In einer Heidelberger Dissertation wird dargestellt: »Als älteste datierte Radierung ist ein Blatt des Urs Graf von 1513 bekannt.« (Eyssen 1904:10). Das Blatt ist technisch und künstlerisch von hoher Qualität. Es wird in verschiedenen Publikationen unterschiedlich benannt, einmal als Junge Frau beim Fußbad (Mayor, Gradmann 1942:36), ein andermal Dirne, sich die Füße waschend (Pauli 1908:8). Die junge Frau von beinahe schlankem Wuchs steht in der Öffnung eines Gebäudes, das den Blick auf eine Flusslandschaft mit einer Wehrturmbrücke freigibt. Dieses Haus steht demnach außerhalb der befestigten Ansiedlung. Das könnte der Grund für die zweite Titulierung sein.
Leseprobe
"Einordnung Georg Jahns in den kunsthistorischen Zusammenhang"
Im Gegensatz zu vielen Dresdner Künstlern ließ sich Georg Jahn, ein Vertreter des klassizistisch lyrischen Realismus kaum von der Zeitströmung des Jugendstils beeinflussen. Er beobachtete die Ausdrucksmöglichkeiten des Jugendstils mit seinem neuen Lebensgefühl, lieh sich daraus das wiederentdeckte künstlerische Merkmal, »Bildkomposition«, das den Betrachter in die Lage versetzt, Kunst zu sehen, zu entschlüsseln und innere Werte sichtbar zu machen. Ein typisches Beispiel ist das Blatt »Drei Seeleute«. (Abb. oben) Hier spiegelt sich das gesamte Fischerdasein wider. Die linke Person steht im Vordergrund. Die Mütze schneidet die Horizontlinie. Nur der Kopf, das Gesicht und die Mütze sind voll ausgearbeitet. Der Bilddiagonale folgend, wird sichtbar, dass er schmunzelnd der mittleren Person etwas erzählt, was diese amüsiert zur Kenntnis nimmt. Die dritte Gestalt etwas zurückgesetzt, ist in sich versunken und hört ohne sichtbares Mienenspiel zu. So liegt über der Szene eine spürbare Harmonie und Zufriedenheit, die durch den mit ein paar Strichen blass angedeuteten Hintergrund zusätzlich unterstützt wird. Hier ist die Geborgenheit des Fischerdorfs oberhalb des Kreidefelsens dargestellt, trutzig die Kirche, das Hinterland nur angedeutet. Diese Heimat der drei Seeleute, die sie selbst mitgestaltet haben, ist unangreifbar, denn die hohe Steilküste schützt die Ortschaft vor den Naturgewalten. Der Diagonale nach rechts oben folgend, sind die kleinen Segelschiffe sehr zerbrechlich dargestellt und signalisieren die Gefahr, die der Beruf des Fischers mit sich bringt.
Inhaltsverzeichnis des Buches
Vorwort | 7 |
Historischer Hintergrund der Radiertechnik; | |
Künstlerische Entwicklung in Deutschland | 11 |
Künstlerische Entwicklung in Europa bis Ende des 17. Jahrhunderts | 17 |
Künstlerische Graphik und Reproduktion im 18. Jahrhundert | 23 |
Niedergang und Neubeginn der künstlerischen Graphik im 19. Jahrhundert | 24 |
Technischer Stand der Radierung im 20./ 21. Jahrhundert | 28 |
Anmerkungen | 30 |
Rezeptionsgeschichte Georg Jahns | |
Einleitung | 31 |
Situation der Dresdner Graphik zu Lebzeiten Georg Jahns | 33 |
Georg Jahns künstlerische Entwicklungsgeschichte | 48 |
Einordnung Georg Jahns in den kunsthistorischen Zusammenhang | 58 |
Anmerkungen | 61 |
Bildteil | 63 |
Werkverzeichnis | 395 |
Biografie | 421 |
Ausstellungen | 423 |
Ausgewählte Literatur | 425 |
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